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Der Blick für das Schöne

Röhrenverstärkerplanung

Röhrenverstär klingen besser - Gerücht oder Wahrheit?

Diese Frage ist als erstes zu beantworten, bevor man sich überhaupt für einen Röhrenverstärker entscheidet. Man kann hierüber viel lesen. Der eine versucht den Beweis wissenschaftlich anzutreten, der andere durch Hörproben neutraler Hörer. Und der nächste versucht, auf eben diesen Wegen das Gegenteil zu beweisen.

Ich möchte keinen weiteren Artikel dieser Art schaffen, sondern aus nachfolgenden Gründen zu bedenken geben, dass reine Objektivität auf Basis guter technischer Daten nicht unbedingt zum Ziel führt:

Endstufe und Lautsprecher:
Sicher hat jeder schon erlebt, dass sich die selben Lautsprecherboxen an unterschielichen Verstärkern, selbst wenn diese identische technische Daten haben, sehr unterschiedlich anhören. Das ist in der Wechselwirkung zwischen Lautsprecher und Verstärkerendstufe begründet, die zu sehr unterschiedlichen Resultaten führen kann. Wenn man sich damit näher beschäftigt, wird der Versuch einer objektiven Betrachtung eines Verstärkers schon einen ersten Schritt unrealistisch.

Raumakustik
Jeder weiß, dass ein anderer Standort der Lautsprecher im Raum zu einem anderen Klang führt. Testet man das mit einem Monoverstärker, also einer einzelnen Lautsprecherbox, so stellt man fest, dass selbst eine Veränderung des Standorts um 20 cm den Klang erheblich verändern kann. Der Versuch, einen 'objektiv' guten Klang erzielen zu wollen, wird einen zweiten Schritt unrealistischer.

Klangquelle
Jeder Wiedergabeklang kann nur so gut sein wie der der Aufnahme. Das weiß jeder, es sei nur der Vollständigkeit wegen erwähnt. Jede Aufnahme klingt anders, ein empfinden von 'gut' und 'schlecht' ist als dritter Grund nicht objektiv.

Nun gehen wir los zu einem Musikinstrumentenhandel und kaufen eine akustische Gitarre. Alle Instrumente, die wir ausprobieren, bringen einen natürlichen Klang hervor. Aber jedes Instrument klingt anders. Wo bleibt da die Objektivität? Wir kaufen natürlich das Instrument, dessen Klang uns am besten gefällt.

Also können wir uns auch für einen Verstärker entscheiden, der den angenehmsten Klang bietet. Und das wird in vielen Fällen ein Röhrenverstärker sein.

Entscheiden Sie sich übrigens nicht nur deshalb für einen Verstärker mit Gegentaktendstufe, weil Sie von Transistorgeräten wissen, dass Eintakter nicht zu gebrauchen sind. Gerade SE-Endstufen haben einen besonders angenehmen Klang, und hohe Leistungen können damit auch erzielt werden.

Vom Ende zum Anfang

Nun wollen wir also einen Röhrenverstärker. Aber wo fangen wir an? Da ein Komplettgerät sehr kostspielig ist, wird man in Schritten vorgehen. Entzerrervorverstärker für Plattenspieler, Vorverstärker mit Eingangswahlschalter und Klangrelegung, Endstufe - so ein Gerät besteht aus mehreren Teilen.

Es ist toll, mit einem alten Röhrengerät UKW-Sender zu höhren. Und auch Schallplatten damit zu hören verspricht einen echten Klang. Aber sowohl der Radiosendung als auch der modernen Schallplattenaufnahme liegt heutzutage eine Digitalaufnahme zugrunde. Wir haben zum einen keine Chance, am Anfang der Signalkette einen Einfluß auf die Art des Signals zu nehmen.

Zum anderen wird der Klang im wesentlichen dort erzeugt, wo die Leistung erzeugt wird. Also fängt man am Ende der Signalkette an und legt sich zunächst eine Röhrenendstufe zu. Diese kann man auch gerne mit einem mp3-Player ansteuern. Was solls - am Anfang ist sowieso alles digital (sofern man nicht alte Schallplatten abspielt). Oder man schließt die Endstufe am Aufnahmeausgang einer Stereoanlage an.

Danach kann man sich in Ruhe weiter vorarbeiten. Ob Klangregelung oder Entzerrervorverstärker - jeder Schritt verbessert das Klangerlebnis und letztlich ist kein Halbleiter mehr im Signalweg.

Jegliche benötigten Module findet man hier:

Ritter Electronics

Umgekehrte Reihenfolge

Wer den Kauf und Einsatz schwerer Ausgangstrafos, Netztrafos und Siebdrosseln zunächst scheut, kann natürlich auch den umgekehrten Weg beschreiten. Beim Bau eines Röhrenvorverstärkers benötigt man lediglich einen kleineren Netztrafo. Auch die sonstigen Bauteile sind weit weniger voluminös und kostspielig.

Man kann zunächst mit einer einzigen Verstärkerstufe beginnen und die Wirkung im Signalweg des ansonsten mit Halbleitern bestückten vorhandenen Verstärkers testen. Zum Kauf angebotene Geräte beschreiten zum Teil diesen Weg, wie hier von mir gezeigt.

Ein Grund, sich zunächst mit Vorverstärkern zu beschäftigen, kann auch darin liegen, dass man fertige Röhrenendstufen lediglich mit einem einzigen Eingang und Lautstärkeregler relativ günstig kaufen kann.

Alternative Halbleiter

Ein paar Worte möchte ich noch zu den dort bestehenden Alternativen verlieren:

Die Möglichkeiten reichen hier von 'ganz einfach' bis 'total kompliziert'. Beides macht wahrscheinlich nicht so viel Spaß wie der Mittelweg, den der Röhrenverstärkerbau bietet.

Die einfachste Lösung ist der Kauf von vergossenen Verstärkermodulen, aus denen ein paar Drähte herausragen, die man mit Netzteil, Lautsprecher und Klangquelle verbindet - fertig.

Die nächste Alternative ist der Kauf von Endstufen-ICs. Mit wenigen zusätzlichen externen Bauteilen ist der Verstärker fertig. Für den Einsteiger kann dies interessant sein, oder wenn man wenig Energie in die Endstufe setzen, sich jedoch aufwendig einen guten Vorverstärker bauen will.

In beiden Fällen versteht man jedoch zum einen nicht wirklich die Funktion des eigenen Verstärkers, zum anderen sind im Falle eines Defektes nur ganze Endstufen austauschbar.

Die beste Möglichkeit ist der Aufbau eines Verstärkers mit einzelnen Transistoren. Zum einen sind diese Geräte jedoch aufgrund von Massenproduktion so günstig zu kaufen, dass sich ein Selbstbau kaum lohnt. Zum anderen wird es jetzt kompliziert. Das beginnt schon, wenn man einen einfachen Verstärker aus Anfang der 1970er Jahre mit 4 Transistoren nachbauen will. Und bei umfangreicheren Endstufen wird es noch schwieriger.

Denn die einzelnen Verstärkerstufen sind gleichstrommäßig nicht getrennt. Das erfordert einerseits, sich genau an den Schaltungsaufbau zu halten. Flexibilität kann man sich nicht leisten. Zum anderen ist eine Fehlersuche sehr schwierig, da sich ein Fehler in einer Stufe auf andere Verstärkerstufen auswirkt und diese nicht einzeln überprüft werden können.

Und ein Halbleiter leitet erst bei Überschreitung von 0,6 Volt, bei zwei Halbleitern sind das 1,2 Volt (Gegentaktendstufe). Bei der zu verstärkenden Wechselspannung entsteht beim Übergang von der einen zur anderen Halbwelle eine entsprechende Lücke, die zu überbrücken ist. Das ist schaltungstechnisch kein Problem, jedoch ist die Lücke abhängig von der Temperatur der Endstufentransistoren. Insofern findet man auch bei den einfachsten Verstärkern aus 1970 temperaturabhängige Widerstände (Heißleiter) oder Dioden, die am Kühlblech der Endstufentransistoren anzubringen sind, um den Temperaturschwankungen entgegenzuwirken.

Letztlich bedeutet das alles: Eigene Kreativität ist kaum möglich, es sei denn, man entwickelt eine Endstufe tatsächlich selbst. Aber auch dann sind Experimente fehl am Platz. Es gilt immer: genau an den Schaltplan halten, Bauteile mit geringen Toleranzen verwenden und erst einschalten, wenn alles vollständig und an seinem bestimmten Platz ist. Sonst ist ein Halbleiter durch zu hohen Strom oder Überhitzung blitzschnell defekt, und die Fehlersuche ist mühsam.

Stand 2012

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Michael Twiste
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